„Zapfenpflücker“ – ein Beruf mit langer Vergangenheit und einer, von dem zumindest in unserer Heimatregion fast jedes Kind schon einmal gehört hat. Tatsächlich liegen in diesem geschichtsträchtigen und aussterbenden Beruf die Wurzeln unseres Unternehmens. Denn Firmengründer Rudolf Hess war Zapfenpflücker.
Wer heute durch den Wald geht, ahnt meist nichts mehr davon, welche Gefahren für mutige Männer noch vor nicht allzu langer Zeit damit verbunden waren, in schwindelnder Höhe Nadelholzzapfen zur Samengewinnung für Forstbaumschulen zu ernten. Lebensgefährliche und sogar tödliche Unfälle waren leider an der Tagesordnung bei schweren und gefährlichen Arbeiten, mit denen sich unsere Vorfahren ihren Lebensunterhalt verdient haben.
Es kommt nicht von ungefähr, dass je eine Wiege der Zapfenpflückerei in Deutschland ausgerechnet in den unterfränkischen Gemeinden Kirchzell und Eichenbühl steht. Als Kriegsheimkehrer ergriff Rudolf Hess kaum zwanzigjährig einst diesen Beruf. Er erinnerte sich einige Jahrzehnte später: „In unsere Region ernährte die Landwirtschaft auf Sandsteinböden oftmals kaum ihren Mann und Industrie war noch rar. Deswegen gingen die Leute hier im Sommer ihren landwirtschaftlichen oder auch handwerklichen Berufen nach und verdienten sich und ihren Familien im Winter ihren Unterhalt als Zapfenpflücker.“
Zapfenpflücker – ein Beruf mit langer Tradition
Die Zapfenpflückerei hat in der unterfränkischen Gegend um das churfränkische Miltenberg eine jahrhundertealte Tradition. Ihre Wurzeln gehen bis zurück in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), als der Mainzer Fürstbischof Familien aus Südtirol zur Wiederbesiedelung des durch die Kriegswirren und anschließenden Seuchen nahezu menschenleer gewordenen Odenwaldes holte. Unter diesen waren auch sogenannte „Steiger“, welche Koniferenzapfen für die Samengewinnung von Tanne und Fichte, Kiefer und Lärche pflückten und diese säckeweise an sogenannten Klengen lieferten.
Darin wurden die Zapfen auf luftigen Lattenrosten getrocknet, wobei sich die Samenstände öffneten und ihre geflügelten Baumsamen freigaben. Mit diesen wiederum wurden Forstbaumschulen zur Aufzucht von Jungpflanzen versorgt, welche dann zur Aufforstung neuer Wälder verwendet wurden. Der Vorteil dieser Vorgehensweise: Durch die gezielte Auswahl starker Mutterbäume, wurde der Wald der damaligen Zukunft bereits ab der Saatgutwahl gestärkt. Gerade die Ortschaften Kirchzell und Eichenbühl wurden in der Folgezeit zu Hochburgen des Zapfenpflückerhandwerks. So ist in Familienarchiven und anderen alten Schriften noch heute zu lesen, dass Kirchzeller Zapfenpflücker bis nach Ostpreußen und in die Steiermark geschickt wurden, um dort ihr begehrtes Können auszuüben.
„Viele Generationen sind die Väter des Waldes…“ (Rudolf Hess)
Zapfenpflücker heute: Wurzeln der Hess GmbH
Wenige sind es, die heutzutage noch hauptberuflich auf die Bäume klettern. Es erfordert großen Mut, ein Höchstmaß an Fitness und Konzentration auf 30 Metern Höhe in die Wipfel der Bäume zu steigen und dort zu arbeiten. In der Hess GmbH sowie später auch bei Interforst blieb dieser Dienstleistungsbereich jedoch lange erhalten. Denn er erfüllte und erfüllt wichtige Erfordernisse für die Wald- und Baumpflege. Dafür braucht es Spezialisten, die eine besondere Ausbildung in der Seilklettertechnik absolviert haben, um zum Beispiel große Parkbäume auch in luftiger Höhe fachmännisch zu pflegen und Totholz zu entnehmen.
Natürlich setzten wir da, wo es ging, bereits frühzeitig moderne Hebebühnen ein. Dennoch kam es immer wieder vor, dass unsere Profis in die Fußstapfen von einst treten und so den damaligen Beruf des Zapfenpflückers hautnah spüren konnten. Ein Beruf, den unser Firmengründer Rudolf Hess viele Jahre als absolute Berufung gelebt hat.
Die Zapfenpflückerei wurde gleichwohl auch bei der Firma Hess im Laufe der Jahrzehnte zur nicht mehr aktiv gepflegten Tradition: Rudolf Hess legte den Betrieb in die Hände seines Sohnes Karlheinz. Gemeinsam führten sie das Unternehmen, dann als Interforst GmbH, aus der Tradition der Zapfenpflücker zu einem europaweit bedeutenden Forstdienstleistungsunternehmen und einem weltweit tätigen Holzhandelunternehmen.
„Es ist wie im Wald selbst“, so Rudolf Hess: „Viele Generationen sind die Väter des Waldes, jede mit ihrer Müh‘ und Plag‘, jede mit ihren Freuden und Erfolgen. Und alle mit ihrer jeweils ganz eigenen Hoffnung und Zuversicht.“